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Mein Jahr im Weinberg

Tausche Stift gegen Rebschere
Serie: Ein Jahr im Weinberg (1) BKZ-Redakteurin Silke Latzel lernt, worauf es beim Rebschnitt ankommt
Raus aus der Redaktion und rein in den Weinberg: So lautet in diesem Jahr die Devise von BKZ-Redakteurin Silke Latzel. Zumindest immer mal wieder für ein paar Stunden, denn sie betreut für eine Saison ihren eigenen kleinen Weinberg mit 175 Weinstöcken in Kleinaspach. Gleich zu Beginn tauscht sie den Stift gegen die Schere, denn im Januar steht der Rebschnitt an.
Von Silke Latzel
ASPACH. „Oh Hilfe, das werd ich nie verstehen“ ist mein erster Gedanke, als mir Günther Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach, erklärt, was beim Rebschnitt zu beachten ist. Denn was ein Profi auf den ersten Blick sieht, ist für einen Laien gar nicht so einfach zu erkennen.
Natürlich darf ich nicht wild drauflosschneiden und einfach alles kürzen, was mir unter die Schere kommt. „Kein Weinstock gleicht dem anderen, jeder ist ganz individuell und deshalb müssen wir uns auch anschauen, welche Ruten wir stehen lassen und welche wir abschneiden“, erklärt Ferber mir. Pro Stock lassen wir zwei Ruten stehen, die wir nur am oberen Ende etwas kürzen, manchmal auch eine dritte als sogenannten Zapfen: Sie wird fast ganz abgeschnitten und ist quasi eine Art Sicherung, falls eine der beiden großen Ruten es doch nicht über den Winter schafft. Das sieht für mich auf den ersten Blick nach sehr wenig aus und ich überlege, wie das zu den prächtigen Weinstöcken voller Laub passt, die ich im vergangenen Herbst in Kleinaspach gesehen habe. „Natürlich könnten wir auch mehr Ruten stehen lassen und damit mehr Ertrag bekommen, aber es geht uns um Qualität, nicht um Quantität“ so Ferber. Jede Rute hat etwa acht bis zehn „Augen“, dort wachsen später die Triebe. Und das macht pro Weinstock gleich zwischen 16 und 20 Triebe – genug, um viele Trauben wachsen zu lassen und den Stock trotzdem nicht zu überfordern. Denn je weniger Trauben er zu versorgen hat, desto mehr Kraft und Qualität kann er in die Früchte stecken. Außerdem brauchen die Ruten Platz, um sich ausbreiten zu können. Das heißt also in jeder Hinsicht: Weniger ist mehr.
Jetzt gilt es, herauszufinden, welche Ruten wir stehen lassen – grob gesagt soll eine Rute den Weinberg „hinauf“ wachsen, die andere in die entgegengesetzte Richtung, also „nach unten“. Auch müssen wir darauf achten, ob die Ruten, die wir stehen lassen möchten, nicht verletzt oder vertrocknet sind. Und: Die Ruten sollten so nah wie möglich aus dem oberen Ende des Rebstammes herauswachsen.
Meine Finger werden müde, das Schneiden kostet Kraft
Eigentlich logisch – und das alles hört sich auch erst einmal einfach an. Aber für ein ungeschultes Auge wie meines ist es wirklich nicht leicht, zu erkennen, was wir abschneiden und was wir stehen lassen. Vor allem mit Vollprofi Ferber neben mir, der ganz gespannt darauf ist, ob ich mein theoretisches Wissen jetzt in die Praxis umsetzen kann. „Und, welche beiden Ruten lassen wir stehen?“, fragt er mich. Ich fühle mich etwas ratlos, will aber nicht zugeben, dass für mich alle Ruten gerade ziemlich gleich aussehen, irgendwie nicht wirklich mit großen Unterschieden aus dem Stamm herauswachsen und ich mir nicht sicher bin, welche wir abschneiden und welche nicht. Also rate ich – und voilà, es ist richtig!
Und dann darf ich auch die Rebschere in die Hand nehmen und loslegen. Ich setze an und schneide so nah es geht am Stamm. Gar nicht so leicht, der Winkel stimmt nicht, ich komme schlecht mit der Schere an das Holz und muss es von der anderen Seite versuchen. „Die Schere so weit wie möglich öffnen, die Rute so tief wie es geht in die Schere nehmen und dann erst schneiden, so braucht man weniger Kraft“, rät Ferber mir.
Tatsächlich merke ich recht schnell, dass meine Hand die Arbeit mit der Rebschere nicht gewohnt ist – ist halt kein Stift, der locker in der Hand liegt, ich brauche wirklich Kraft – und manchmal beide Hände gleichzeitig –, um gut zu schneiden. Immer wieder muss ich die Schere loslassen und meine Finger bewegen, weil sie müde
werden. Ich habe vergessen, mir Handschuhe einzupacken, immerhin arbeiten wir bei etwa drei Grad Celsius. Aber durch die Bewegung mit der Rebschere macht mir die Kälte gar nichts aus, meine Hände sind wunderbar warm. Handschuhe hätten mich vermutlich sowieso nur gestört, ich merke, dass ich den direkten Kontakt zum Rebstock brauche, um sicherzugehen, dass ich alles richtig mache und nicht aus Versehen mit der Schere abrutsche und ihn verletze.
Je länger wir arbeiten, desto sicherer werde ich im Erkennen der beiden Ruten, die wir stehen lassen. Ferber ist ganz begeistert und bescheinigt mir ein „natürliches Talent“. Juhu – ein Lob! Er geht sogar noch weiter: Wenn ich Lust habe, könne ich gleich weitermachen, er sei mit seinem Weinberg noch nicht ganz fertig, Arbeit gebe es genug. Wir lachen beide, die Stimmung ist locker und angenehm und nachdem der Knoten bei mir geplatzt ist, werde ich auch immer selbstbewusster. Ich genieße es, an der frischen Luft zu sein und denke an die Kollegen, die jetzt im Büro vor ihren Rechnern sitzen und fleißig tippen – die Armen.
Ab und an sind die Ruten zu dick, um sie abzuschneiden. Oder wir müssen dem Stock eine „Verjüngungskur“ verpassen und einen Teil des Rebstockkopfes entfernen, immerhin sind die Stöcke schon 20 Jahre alt. Für diese Fälle hat Ferber eine kleine Säge dabei, die er mir in die Hand drückt – wenn schon für ein Jahr im Weinberg, dann muss ich auch alles einmal gemacht haben. Und bei diesem einen Mal bleibt es dann auch. Ich verletze mich zwar zum Glück nicht, aber brauche eine gefühlte Ewigkeit, bis ich fertig gesägt habe. Und muss zwischendurch sogar kurz Pause machen – echt anstrengend, wenn man sonst nie sägt. Die nächsten Sägearbeiten übernimmt dann gnädigerweise Lehrer Ferber. Und braucht dafür nur ein paar Sekunden.
Beim nächsten Mal geht es mit dem Biegen weiter
Ferber hat mir zwei seiner eigenen Reihen zur Verfügung gestellt: eine Reihe Schwarzriesling und eine Reihe Bio-Regent. „Im Unterschied etwa zum Riesling oder Trollinger lassen diese Sorten sich gut schneiden, die Ruten ,krallen‘ sich nicht so sehr an den Draht, um den sie herumwachsen“, erklärt er. Und das ist im nächsten Schritt wichtig: Wir entfernen die gekappten Ruten von den gespannten Drähten, zerschneiden sie und werfen sie auf den Boden zwischen den Reihen. Sie werden gehäckselt und zu Humus verarbeitet, der erstens als Stickstoffquelle für den Boden dient und zweitens verhindert, dass starke Regenfälle die Erde unter den Weinstöcken wegspülen.
Als wir fertig sind mit dem Rebschnitt, dämmert es bereits leicht. Wir haben allerdings ein bisschen geschummelt und einige der gekappten Ruten an den Drähten hängen gelassen. Ferber will sie später mit seinen Söhnen entfernen, denn „für den ersten Tag im Weinberg war das heute genug, sonst haben Sie vielleicht keine Lust mehr, wiederzukommen“, sagt er lachend. Da braucht er sich allerdings keine Sorgen machen, denn ich freue mich schon auf unsere nächsten Arbeiten: Bald werden die Ruten gebogen, so nennt man das Befestigen des Fruchtholzes im Drahtrahmen. „Da dann am besten auch keine Handschuhe mitbringen, da braucht man viel Gefühl in der Hand.“ Ich bin jetzt schon gespannt.
Eiskalte Aufgabe mit Fingerspitzengefühl
Ein Jahr im Weinberg (2):
Rebenbiegen wie vor 150 Jahren wird für Redakteurin Silke Latzel zu einer echten Herausforderung
Für Redakteurin Silke Latzel steht der zweite Arbeitseinsatz im Weinberg an: Die Reben müssen gebogen und fixiert werden. Damit es nicht langweilig wird, darf sie drei verschiedene Methoden ausprobieren. Und nicht nur der eisige Wind macht ihr dabei Schwierigkeiten.
Von Silke Latzel
ASPACH. „Eigentlich ist es zum Rebenbiegen trocken. Und zu warm.“ Ich verstehe, was Günther Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach, damit meint. Aber: Mir ist so kalt, ich spüre meine Finger nicht mehr. Der Wind ist eisig und weht mir ständig die Haare ins Gesicht, macht, dass meine Nase läuft und überhaupt bin ich einfach viel zu dünn angezogen, die Sonne steht zwar am Himmel, aber wärmend werden ihre Strahlen erst am Nachmittag. „Heute wirst du sicherlich mit keinem einzigen Foto von dir zufrieden sein“, sagt Fotograf Alexander Becher feixend, weil er weiß, dass ich nicht gerne fotografiert werde – und noch viel weniger, wenn ich vom Winde verweht werde . . . Alles in allem also nicht die besten Voraussetzungen für die Arbeiten, die wir heute im Weinberg erledigen müssen.
Sieht einfach aus, klingt einfach, ist aber schwerer als gedacht
Aber es geht nicht anders: Die Natur hat schon viel zu lange auf uns gewartet. Beziehungsweise: Wir haben auf Regen gewartet, der nicht kam. „Wenn es zwei Tage durchregnet, dann gehen wir raus“, hatte Ferber angekündigt. Doch der Regen blieb aus. Sehr lange. Also nutzen wir einen Samstag Ende Februar, in der Nacht zuvor hat es zumindest ein bisschen Feuchtigkeit durch Tau gegeben.
Es ist mein zweiter Arbeitseinsatz in diesem Jahr, ich muss in „meinem“ Weinberg jetzt die Reben biegen. Das heißt: Die Reben, die wir nach dem Schnitt im Januar stehen gelassen haben, bringen wir jetzt in Form und fixieren sie am Draht. Das muss vor dem Austrieb der Pflanzen erledigt werden und soll eine gleichmäßige Versorgung der Triebe mit den nötigen Nährstoffen gewährleisten. Da es derzeit zu trocken ist und somit auch die Reben nicht die Feuchtigkeit haben, über die sie zum Biegen eigentlich optimalerweise verfügen sollten, müssen wir besonders aufpassen, damit wir sie nicht abbrechen. Für diese Arbeit braucht man Fingerspitzengefühl, deshalb tragen Ferber und ich auch keine Handschuhe – obwohl die vor dem eiskalten Wind geschützt hätten. „Früher hat man diese Arbeit erst Ende März, manchmal sogar im April gemacht“, so Ferber. Doch das Klima wandelt sich, es wird immer früher warm.
Günther Ferber hat sich etwas ganz Besonderes für mich ausgedacht, ich soll ja schließlich auch etwas lernen, sagt er lachend zu mir. „Wir werden auf drei verschiedene Arten biegen: Einmal mit traditionellen Bindeweiden, wie man es vor 150 Jahren gemacht hat, dann mit Kunststoffklammern und zum Schluss mit einer elektrischen Bindezange.“
Wir beginnen mit der traditionellen Bindung – und irgendwie beschleicht mich recht schnell das Gefühl, dass ich ein Grobmotoriker zu sein scheine. In der Theorie klingt alles ganz leicht, aber meine Hände machen einfach nicht das, was sie sollen. Der Anfang sieht immer vielversprechend aus, am Ende wird es aber nichts. Dabei beobachte ich genau, was Ferber macht: Die Rebe vorsichtig nach unten biegen und mit der Hand fixieren. Dann die Weidenrute anlegen, den unteren Teil festhalten, den oberen zwei-, dreimal über den unteren wickeln, am Ende wieder nach oben biegen und fertig. Als ich es versuche, wünsche ich mir eine dritte Hand – es klappt einfach nicht, keine der Weiden hält am Ende, sondern wickelt sich quasi wieder von selbst in den ursprünglichen Zustand zurück. Frustrierend. Ferber versucht mich zu trösten: „Das ist doch nicht schlimm, ist doch klar, dass man das nicht innerhalb von ein paar Minuten lernt“, sagt er und gibt zu: „Ich hab gestern auch noch mal extra geübt.“
Nachdem ich dann nach einiger Zeit doch noch eine Weide erfolgreich gewickelt habe, sind wir beide der Meinung, dass das jetzt auch ausreicht und wechseln zu den Kunststoffklammern. Wieder wird die Rebe vorsichtig nach unten gebogen und festgehalten, die Klammer hinter ihr angesetzt und links und rechts am Draht befestigt. Ganz einfach.
Doch es geht sogar noch einfacher: Ferber gibt mir nun eine elektrische Bindezange, die man nur an der Rebe ansetzen muss, ein Knöpfchen drücken und innerhalb von Sekunden wickelt sich automatisch ein dünner Draht um die Rebe. Und plötzlich geht alles ganz schnell – Teamarbeit eben. Während Ferber die Reben vorsichtig biegt, setze ich die Bindezange an der richtigen Stelle an und drücke den Knopf – schon wieder eine Rebe fixiert.
Ab und an müssen wir unsere Schnittarbeit vom Januar korrigieren, die Reben der verschiedenen Weinstöcke dürfen sich nach dem Biegen nicht berühren, sonst nehmen sie sich später gegenseitig den Platz weg, was wiederum direkte Auswirkungen auf den Ertrag hat. Als wir fertig sind, bin ich mit der Arbeit versöhnt. Ich friere zwar immer noch und hätte die Bindung mit den Weiden gerne besser hinbekommen, aber mit der Bindezange war dann alles kein Problem mehr. Und am Ende zählt ja nur das Ergebnis, oder? Jetzt darf sich „mein“ Weinberg erst einmal ein bisschen ausruhen. Der nächste Arbeitseinsatz steht erst an, wenn die Pflanzen ihre Blätter bekommen haben.
Gemeinschaftlich die Falter verwirren
Ein Jahr im Weinberg (3): Redakteurin Silke Latzel hängt mit anderen Wengertern in Kleinaspach Pheromonfallen aus
Der dritte Arbeitstag in diesem Jahr im Weinberg steht an: Der Traubenwickler muss bekämpft werden. Biologisch, mit kleinen Pheromonfallen. Was das genau heißt und was dabei ihre Aufgabe ist, erfährt Redakteurin Silke Latzel beim Gemeinschaftseinsatz mit den anderen Wengertern aus Aspach.
Von Silke Latzel
ASPACH. „Da fühlt man sich ein bisschen wie ein Känguru, oder?“, fragt mich Daniel Ferber und lacht, als wir uns die Stoffbeutel, in denen sich die Dispenser mit den Pheromonen befinden, umbinden. Und fast genauso wie das australische Tier, wird er später durch die Weinberge „springen“ und mich abhängen. Seinen Schritte-Rekord vom vergangenen Jahr wird er trotzdem nicht brechen können – ich bremse ihn immer wieder aus. Aber schließlich ist es meine erste gemeinschaftliche „Aushängung der Pheromone zur biologischen Bekämpfung des Traubenwicklers“. So nämlich heißt der Termin im Weinberg, zu dem ich eingeladen bin – gehöre ich für dieses Jahr ja auch irgendwie zu den Aspacher Wengertern. Und dieses Mal ist alles anders als bei meinen vorherigen Arbeitseinsätzen, denn wir sind eine ziemlich große Gruppe und arbeiten alle gemeinsam – und nicht jeder auf seinem eigenen Stück Land.
In jeder dritten Reihe, an jedem dritten Stock
Bevor ich beim Wengerthäusle Föll in den Kleinaspacher Weinbergen ankomme, kann ich mir noch nicht wirklich vorstellen, was heute passieren wird. Doch ich werde schnell aufgeklärt. Da Günther Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach und mein „Lehrer“ im Weinberg, heute nicht dabei sein kann, übernimmt sein Sohn Daniel für ihn, steht mir mit Rat und Tat zur Seite – und reicht mir direkt meinen gefüllten Stoffbeutel. Seiner ist selbst genäht, von Oma.
Nicht nur in Kleinaspach wird an diesem Abend gearbeitet, auch in den Weinbergen in Sinzenburg und Allmersbach am Weinberg sind die Wengerter unterwegs. Insgesamt sind wir 63 Leute, die 46 Hektar Rebflächen ablaufen, um die Pheromonfallen aufzuhängen. Die Fallen (siehe Infokasten) sehen unspektakulär aus. Mehrere Dispenser sind aneinander befestigt, wir brechen sie auseinander und hängen sie einzeln auf – in jeder dritten Reihe, an jedem dritten Stock. Ich schlucke, plötzlich wirkt der 25 Hektar große Weinberg in Kleinaspach – umgerechnet immerhin 35,014 Fußballfelder – noch größer, als er schon ist. „Wir sind wohl so in eineinhalb Stunden fertig, je nachdem, wie schnell wir laufen. Und je mehr Leute wir sind, desto weniger Zeit brauchen wir natürlich auch“, erklärt Daniel. Großartige Fingerfertigkeit ist dieses Mal zum Glück nicht vonnöten, ich denke an meine steif gefrorenen Hände beim vorherigen Einsatz zurück. Um was es geht, habe ich schnell verstanden, und auch die Technik ist nicht schwer umzusetzen. Dafür heißt es jetzt: Schauen, auf drei zählen und laufen . . .
Schauen deshalb, weil wir auf mehreren Ebenen und den Weinberg von rechts nach links und von unten nach oben abarbeiten – und auch von oben nach unten, denn wer oben angekommen ist, dreht drei Reihen weiter um und läuft wieder nach unten. Kompliziert? Nicht wirklich, aber man muss schon gut beobachten, wer wo hinläuft und ob die Reihe eventuell von oben oder von unten schon besetzt ist. Einmal passiert es mir, dass ich oben ankomme und dann keine freie Reihe mehr habe, in die ich meine Fallen hängen kann – also gehe ich quasi im „Leerlauf“ wieder nach unten und wechsle die Ebene. Und merke dabei erst, wie steil die Hänge teilweise sind – auch wenn Daniel mir gerade noch versichert hat, „das hier ist einer der weniger steilen Hänge“. Mein Hangfazit: Runterlaufen erfordert Konzentration, ich muss dauernd auf meine Füße schauen, um zu sehen, wo ich hintrete, und natürlich ist der Untergrund nicht eben. Aber das Hochlaufen ist viel anstrengender. Ich merke, dass ich wieder mehr joggen sollte – meine Kondition ist wirklich mies und ich bin
ziemlich aus der Puste. Daniel rennt mir quasi in jeder Reihe davon und muss auf mich warten.
„Qualität statt Quantität“, sage ich schnaufend, als ein paar der Wengerter mit Augenzwinkern anmerken, dass ich langsamer bin als sie. Und mein Argument, dass ich als Redakteurin viel am Schreibtisch sitze, lassen sie auch nicht gelten. Trotz der Anstrengung habe ich Spaß und verstehe, was Daniel meinte, als er mir sagte: „Es ist halt auch das Gemeinschaftsgefühl bei diesem Arbeitseinsatz, das zählt. Am Ende, wenn wir dann gemeinsam vespern, wissen wir, was wir alle zusammen geleistet haben.“
Am Ende brauchen wir tatsächlich fast eineinhalb Stunden. „Heute war es vom Wetter her echt angenehm“, so Daniel. Der 21-Jährige war schon so oft bei dieser Aktion dabei, er kann gar keine konkrete Zahl nennen. „Manchmal waren wir alle bis auf die Unterwäsche nass, weil es so geregnet hat. Und dann wird es auch ziemlich rutschig und man muss aufpassen, dass man nicht hinfällt.“
In der Historischen Kelter in Kleinaspach angekommen, waschen wir uns direkt die Hände, denn die riechen durch die Pheromone leicht süßlich. Danach gibt es Vesper: Käse, Wurst, Brot und natürlich Wein. So lässt sich ein Arbeitstag angenehm ausklingen. Vielleicht kann ich ja nächste Woche noch einmal Dispenser im Weinberg aufhängen, statt in der Redaktion zu sitzen?! Mal schauen . . .
Die Verwirrmethode
Info Der Traubenwickler ist ein Falter und gilt als Schädling im Weinbau. Die Larven befallen die Blüten und Trauben und mindern dadurch den Ertrag, zumal sind befallene Trauben anfällig für Grauschimmelfäule. Bekämpft wird der Traubenwickler oft präventiv. Bei der biologischen Schädlingsbekämpfung setzt man unter anderem auf die Verwirrmethode.
Dabei wird das Kommunikationssystem zwischen männlichen und weiblichen Insekten gestört. Bringt man in ein Feld eine höhere Massenkonzentration von künstlich hergestellten Pheromonen aus, werden die männlichen Tiere orientierungslos, finden nicht mehr zum Weibchen und können sich somit auch nicht paaren. Ein Dispenser auf einer Fläche von 20 Quadratmetern reicht dabei aus.

Auf dem Traktor durch den Wengert
Ein Jahr im Weinberg (4): Redakteurin Silke Latzel darf Trecker fahren und hilft beim Humusverteilen und Stämmleputzen
Für Redakteurin Silke Latzel steht ein besonderer Einsatz im Weinberg an: Sie „muss“ beziehungsweise darf schwere Maschinen bedienen und Traktoren fahren – zwei verschiedene, einen großen mit Frontlader und einen kleinen mit Anhänger. Denn es wird Zeit, den Weinstöcken etwas Gutes zu tun: Mit Humus. Und der muss verteilt werden.
Von Silke Latzel
ASPACH. „Bist du schon mal Traktor gefahren?“ Günther Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach, ist am Telefon. „Nein, noch nie“, antworte ich und spüre in dem Moment genau, dass ich diesen Satz bald nicht mehr sagen werde. Und genau so kommt es auch: Ferber lädt mich zum Traktorfahren ein. Ich brauche mir keine Sorgen machen, er werde mir alles erklären und die ganze Zeit neben mir sitzen. Na, ein Glück, denke ich und überlege trotzdem kurz, ob ich im Internet nach Tipps zum Traktorfahren suchen soll. Dann entschließe ich mich aber, alles einfach auf mich zukommen zu lassen, so schwer wird es schon nicht sein. „Du kannst doch auch Auto fahren“, sagt Ferber, „das ist eigentlich nicht wirklich etwas anderes.“
Die Kollegen, meine Freunde und mein Mann sind neidisch auf mich. Sie alle würden „auch gerne mal Trecker fahren“. Nur ich – das Dorfkind ohne landwirtschaftliche Erfahrung, weil aus einer Familie mit überwiegend Beamten und Bankangestellten – fühle mich etwas mulmig in der Magengrube.
Im Schildkrötenmodus den Weinberg hinunter
Das Gefühl geht auch nicht weg, als ich mich dann mit Ferber in den Weinbergen treffe. Der kleine Traktor mit Anhänger sieht irgendwie niedlich aus, der große schon etwas, naja . . . größer. „In dem großen kann dir nichts passieren“, sagt Ferber. „Aber bei dem kleinen muss man aufpassen, der kann umkippen.“ Er lacht, als er mein erschrockenes Gesicht sieht. Zuerst nehme ich auf dem Fahrersitz des großen Traktors Platz. Mit ihm wird der Humus auf den Anhänger des kleinen Traktors geladen. Nach kurzer Einweisung lege ich los: Frontlader nach unten, langsam anfahren, weiter nach vorne, weiter, weiter, weiter . . . bis er sich in die Masse aus zersetztem Blattwerk und Gehölz sowie Pferdemist vertieft hat und voll genug ist. Dann: Rückwärtsgang einlegen, zurückfahren, Schaufel nach oben, lenken und langsam zum kleinen Trecker fahren. Jetzt mit Vorsicht und Präzision die Schaufel genau über den Anhänger bringen und nach vorne kippen – geschafft! Ich bin schon ein bisschen stolz, dass ich in dem Gewirr aus Hebeln und Pedalen nicht sofort und vollkommen den Überblick verloren habe – obwohl mein Beifahrer geholfen hat. Trotzdem bin ich zufrieden.
Wir steigen aus, klopfen den Humus mit Schaufeln fest, damit er bei der Fahrt durch die Weinberge nicht sofort runterfällt. Ich nehme auf dem Fahrersitz des kleinen Traktors Platz, Ferber stellt sich neben mich. Und schon geht es los. Ich würde mich selbst eigentlich schon grundsätzlich als gute Autofahrerin bezeichnen, Freunde und Kollegen nennen meine Fahrweise manchmal „recht sportlich“, aber irgendwie habe ich Hemmungen, schneller als Schrittgeschwindigkeit zu fahren, das Lenken ist eben doch ein ganzes Stück weit anders als im Auto und ich will nicht riskieren, dass wir am Ende umkippen. Doch Ferber gibt mir ein Signal, das Gaspedal mal richtig durchzudrücken. Und plötzlich platzt der Knoten – wir sausen durch die Weinberge. Angekommen rangiert der Profi den Trecker in die Reihe, stellt alles ein und lässt mich im Schildkrötenmodus – auf dem Schalter ist wirklich eine Schildkröte abgebildet – den Berg hinunterfahren, der Humus wird automatisch vom Anhänger auf den Boden gelassen – und ich muss nichts weiter machen, als die Spur zu halten.
Die Natur hilft beim Verteilen
Alle zwei Jahre verteilt Ferber 200 Kubikmeter Humus in seinen Weinbergen, 800 Kilogramm passen in den Anhänger. „Das ist schon sehr aufwendig, dauert etwa zwei Wochen, bis alles verteilt ist“, erklärt er mir. Der Humus wird zwischen die Weinstöcke verteilt, aufs frisch abgemähte Gras. Dann hilft die Natur beim Verteilen: „Wenn der Humus auf den kurzen Grashalmen liegt und diese dann wieder wachsen, drücken sie nach oben und schieben den Humus nach links und rechts, also genau dahin, wo ich ihn haben will: direkt an die Weinstöcke“, so die Erklärung. Der Humus fungiert dabei nicht nur als natürlicher Rohstofflieferant für die Pflanzen, sondern dient quasi auch als Schwamm: Wenn es regnet, fließt das Wasser nicht direkt ab, sondern wird gespeichert. So werden die Stöcke über längere Zeit mit Feuchtigkeit versorgt und können davon zehren.
Der Anhänger ist leer, doch der Feierabend nicht in Sicht. Wir ziehen Arbeitshandschuhe an, denn jetzt heißt es „Stämmle putzen und Doppelaugen entfernen“. Manche Rebsorten neigen dazu, dass aus einer Knospe mehrere Triebe wachsen. Für eine gute Durchlüftung und damit die ausgebildeten Blätter später nicht eine zu dichte Laubwand bilden, die dann anfälliger für Pilzkrankheiten ist, muss der Wengerter die überflüssigen Triebe ausbrechen. Während Ferber die Doppelaugen auf den ersten Blick sieht, muss ich ganz genau hinschauen – und übersehe sie trotzdem manchmal. Viel eher liegt mir da schon das „Stämmleputzen“ – deswegen tragen wir auch die Handschuhe. Denn es ist durchaus wörtlich zu nehmen: Wir fahren mit der Hand am Stamm des Weinstocks hinunter, um alle Triebe, die sich dort gebildet haben, zu entfernen und „putzen“ sie so ab. Diese Arbeit, ebenso wie das Entfernen der Doppelaugen, sollte nicht zu früh, aber auch nicht zu spät erfolgen. Denn wenn etwa die Doppelaugen zu früh entfernt werden und es Frost gibt, verliert man am Ende womöglich doppelt, weil der übrig gebliebene Trieb erfriert. Und wenn man zu spät die Stämme „putzen“ will, sind die Triebe zu groß und man kann sie nicht mehr mit der Hand entfernen, sondern braucht eine Schere.
Natürlich hat Ferber dafür gesorgt, dass wir zeitlich richtig dran sind. Und so klingt mein vierter Einsatz im Weinberg bei wunderschönem Wetter aus – noch bevor der lang erwartete Regen fällt.
Multitasking und ein Fitnessstudio im Freien
Ein Jahr im Weinberg (5): Eine grüne Blätterwand und fünf Arbeitsschritte auf einmal fordern von Redakteurin Silke Latzel höchste Konzentration Was der Profi auf den ersten Blick sieht, ist für den Laien oft schwer zu erkennen – etwa, was ein Geiztrieb ist oder wann genau viele Blüten „zu viele“ sind. Redakteurin Silke Latzel versucht trotzdem, bei ihrem fünften Einsatz im Weinberg den Überblick zu behalten – und kommt dabei gut ins Schwitzen.
Von Silke Latzel
ASPACH. Für meinen Geschmack ist es heute viel zu warm. Wobei, das allein ist es nicht einmal. Es ist diese drückend-schwüle Luft, die die Arbeit im Weinberg echt anstrengend macht. Zum Glück habe ich noch rechtzeitig daran gedacht, meine Sonnencreme mitzunehmen.
„Heute machen wir gleich mehrere Sachen auf einmal“, kündigt Günter Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach, an und fügt schmunzelnd hinzu: „Das dürfte dir als Frau ja nicht schwerfallen, ihr könnt Multitasking ja viel besser als wir Männer.“ Mein fünfter Einsatz im Weinberg umfasst: Heften, Geizen, Lüften und Reduzieren – und das quasi alles auf einmal. Ferber und ich arbeiten gemeinsam an einer Reihe, einer links, einer rechts. Ich bin fasziniert und begeistert davon, wie grün „mein“ Weinberg mittlerweile ist – dabei ist der letzte Einsatz ja noch gar nicht so lang her und da waren die Blätter noch klein und beschaulich, Blüten noch überhaupt keine zu sehen. „In den vergangenen Wochen war das Wetter wirklich ideal fürs Pflanzenwachstum“, so Ferber. Genug Feuchtigkeit, genug Sonne, fast schon tropische Verhältnisse: Das mögen die Weinstöcke.
Wir stehen vor einer wirklich prächtigen Blätterwand, zudem hat die Hochblütephase gerade begonnen. Noch rund 100 Tage, dann können wir lesen. Doch vorher müssen wir noch einiges erledigen, um den Weinstöcken zu helfen. Ferber erklärt mir unsere einzelnen Arbeitsschritte:
Heften: Darunter versteht man das Hochheben und Befestigen der Triebe an Drähten. Die Weinreben ranken sich daran zwar von selbst nach oben, haben aber nicht genug Kraft, um sich komplett eigenständig zu halten. Wir helfen ihnen also dabei, heften sie zwischen den Drähten fest und „sortieren“ sie gleichzeitig etwas.
Geizen beziehungsweise Ausgeizen: Dabei werden unerwünschte Triebe entfernt und somit der Wuchs der Pflanze gefördert. Beim Geiztrieb handelt es sich um einen Trieb, der während des Sommers an der einjährigen Knospe austreibt. „Früher hätte man das nicht gemacht, aber heute entfernen wir tatsächlich ganze Ruten, um den Ertrag zu mindern und um im Herbst Trauben mit besonders hoher Qualität zu ernten“, erklärt Ferber mir.
Lüften: Eine grüne Wand aus Laub sieht zwar schön aus, kann aber zu Pilzerkrankungen der Weinstöcke führen. Ist die Blätterwand zu dicht, kommen weder Wind noch Sonne an die Blätter, so trocknen sie nach Regen nicht oder kaum und sind anfälliger für Krankheiten. Für uns heißt das konkret: Blätter ab und die Laubwand etwas lichter machen.
Mengenreduzierung: Völlig unverständlich für einen Laien, für mich mittlerweile gar nicht mehr so überraschend, denn ich höre meinem Lehrer Ferber tatsächlich auch zu: Schon jetzt entfernen wir teilweise Blüten, damit diese nicht mehr zu Beeren heranreifen können. So muss der Weinstock seine ganze Energie nicht auf viele Früchte aufteilen, sondern kann sie in wenige stecken – und diese bekommen dadurch eine höhere Qualität. Der Spruch „Weniger ist mehr“ begleitet mich also das ganze Jahr im Weinberg.
Es ist so schwül, die Luft steht. Kein Windchen weht, keine Abkühlung ist in Sicht. Zu den heute anstehenden Arbeiten kommt übrigens ein weiteres Mal das „Stämmleputzen“. Das haben wir zwar beim letzten Einsatz schon gemacht, aber der Natur ist das egal und sobald sich an den Stämmen der Weinstöcke kleine Triebe bilden, müssen die weg. So weit, so gut – die Theorie habe ich wie immer verstanden. Aber dann stehe ich vor
der grünen Wand und eigentlich sieht für mich alles so, wie es ist, schon ziemlich gut aus. Ich kann nicht erkennen, ob das, was ich sehe, jetzt zu viele Blüten an einer Stelle sind, ich rate, welcher Trieb ein Geiztrieb ist und fühle mich tatsächlich – abgesehen vom Stämmleputzen – nur in einer Sache sicher: beim Heften. Da kann ich, zumindest bei meinen Weinstöcken, auch nicht viel kaputt machen. Meine Sorten Regent und Schwarzriesling sind zum Glück nicht ganz so empfindlich, ihre Ruten brechen nicht so schnell ab. Manche sind schon so groß, dass ich mich mit meinen 1,67 Metern Körpergröße ziemlich strecken muss, um sie ganz am oberen Ende zu erreichen, leicht zu biegen und zwischen die gespannten Drähte zu dirigieren.
Nach drei Stunden sind die Weinstöcke alle bearbeitet
175 Weinstöcke – das heißt: 175-mal bücken, 175-mal Stamm putzen, 175-mal aufrichten, 175-mal Ruten sortieren und ausdünnen, 175-mal den Körper nach oben strecken und 175-mal die Triebe zwischen den Drähten befestigen. Natürlich: Meine 175 Weinstöcke sind quasi „nichts“ im Vergleich zur Anzahl der Stöcke der meistens Wengerter. Doch gerade weil ich die Arbeit nicht von klein auf kenne und sie nicht gewohnt bin, ist es anstrengend für mich. „Da braucht man auch nicht mehr ins Fitnessstudio“, sagt Ferber. Wie wahr!
„Kann die weg?“, frage ich immer wieder und zeige auf einzelne Ruten, von denen ich denke, dass man sie entfernen könnte – sicher bin ich mir nie. Ferber lacht wieder: „Jetzt hast du mich zehnmal gefragt und zehnmal hast du richtig gelegen, du erkennst das mittlerweile schon echt gut.“ Mehr Selbstvertrauen also – okay, ich versuche es und entferne die nächste Rute, ohne zu fragen. Ferber lächelt und nickt! Ha!
Nach gut drei Stunden sind wir fertig, hinter uns eine Spur von Blättern, Blüten und Ruten auf dem Boden. Ich trinke meine komplette Wasserflasche quasi in einem Zug leer. Mein bislang anstrengendster Tag im Weinberg liegt hinter mir. Doch die wärmsten Tage kommen ja erst noch – und bei der Lese im Herbst werde ich sicher auch ins Schwitzen kommen.
Etwas Lärm und ein bisschen Staub
Ein Jahr im Weinberg (6): Redakteurin Silke Latzel erlebt aufregende Mäharbeiten mit Sonnenbrille und Gehörschutz
Vor ein paar Jahren musste im Sommer etwa viermal das Gras im Weinberg gemäht werden – heute nur noch zweimal, Grund ist die Trockenheit. Natürlich steht diese Arbeit auch auf der Agenda von Redakteurin Silke Latzel. Da ihr Weinberg allerdings etwas steiler ist, darf sie erst einmal in einem etwas flacheren üben. Und dabei wirbelt sie ganz schön Staub auf.
Von Silke Latzel
ASPACH.Es ist mein sechster Tag im Weinberg und wieder darf ich „schwere“ Maschinen bedienen: einen „John Deere X 540 Multi Terrain“ mit 19 PS. Denn heute steht Rasenmähen auf dem Plan. „Das ist gar nicht schwer und eigentlich auch nichts anderes als Rasenmähen zu Hause“, sagt Günther Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach, als er den Aufsitzrasenmäher von seinem Hänger fährt und für mich in Position bringt. „Ich hab aber auch zu Hause noch nie Rasen gemäht“, entgegne ich und hebe leicht die Schultern. Immer wenn Ferber sagt, dass etwas nicht schwer ist, weiß ich, dass er eigentlich recht hat und ich das am Ende unseres Arbeitseinsatzes bestätigen kann. Aber eben erst dann, wenn alles vorbei ist, und nicht, wenn ich etwas zum ersten Mal machen soll und kurzzeitig von den vielen neuen Eindrücken überfordert bin – und so ist es dieses Mal natürlich auch wieder.
Die Blümchen müssen aus versehen dran glauben
„Mit diesem Hebel bewegst du das Mähwerk, dort wird die Geschwindigkeit eingestellt, die Bremse brauchst du eigentlich nicht, nur das Gaspedal. Und wenn du rückwärtsfahren willst, dann geh‘ mit dem Fuß hier drauf, aber wir fahren heute nur vorwärts. Und das hier ist die Differenzialsperre, aber wozu du die brauchst, erklär ich dir später.“
Mein Kopf schwirrt – wie immer. Und wie immer ist alles nur halb so wild, denn natürlich lässt Ferber mich nicht einfach ins kalte Wasser fallen. „Keine Angst, wir üben zuerst mal an einem eher flachen Stück.“ Für meinen Geschmack reicht das „eher flache“ Stück schon, denn es hat 15 Prozent Steigung beziehungsweise Gefälle. Ich gebe zu, ich bin in dieser Beziehung ein kleiner Angsthase – und noch dazu ein merkwürdiger. Ich habe zum Beispiel keine Probleme damit, einen Berg zu besteigen. Aber sobald es wieder runter geht, zittern mir die Knie. Oder daheim: Ich wohne an einem Hang mit 18 Prozent Gefälle. Mit dem Fahrrad hoch: machbar, obwohl es anstrengend ist. Aber runter? Die Bremsen fast bis zum Anschlag angezogen, fahre ich oft so langsam, dass man mir die Reifen dabei wechseln könnte.
Und jetzt 15 Prozent Gefälle. Das sind ja fast 18 Prozent und das ist fast wie zu Hause . . . Hilfe! Der Mäher ist in Position gebracht, der Gehörschutz sitzt, ich hocke fest im Sattel – zumindest dem Anschein nach. Eine Sonnenbrille muss ich aufsetzen, um meine Augen zu schützen. Außerdem sehe ich damit verdammt cool aus, auch wenn ich innerlich gerade alles andere als das bin. Ferber stellt sich hinter mich auf den Mäher und gibt mir das Zeichen, loszulegen. Ich trete das Gaspedal und wir tuckern gaaaaanz langsam los. „Los, gib richtig Gas“, schreit er gegen den Motorenlärm an. Ein bisschen schneller werden wir noch, dann sind wir auch schon oben. Ich bin erleichert, dann fällt mir ein, dass wir ja wieder runter müssen. . .
Der Mäher lässt sich einfach fahren, ich korrigiere immer wieder leicht die Richtung, sodass ich nicht in die Weinstöcke abdrifte. Zum Glück habe wir Sonnenbrillen auf, denn vor allem am Anfang und Ende der Reihe wirbelt der Mäher mächtig Staub auf. Das gemähte Gras wird nicht gesammelt und wegtransportiert, sondern direkt beim Mähen unter den Weinstöcken verteilt. Dadurch fliegen kleine und größere Steinchen, die ebenfalls im Mäher landen und wieder ausgespuckt werden, nur so durch die Gegend, prallen gegen die Stämme und uns ins Gesicht oder gegen den Körper – tut ein paar Mal richtig weh. Das abgeschnittene Grüngut wirkt für die Weinstöcke als natürlicher Wasserspeicher, fängt Morgentau sowie – wenn er denn kommt – auch Regen auf.
„Früher haben wir etwa viermal in einem Sommer gemäht“, erzählt Ferber. „Im vergangenen Jahr nur zweimal.
Und in diesem Jahr vermutlich auch nur noch ein weiteres Mal.“ Es ist insgesamt zu trocken, es regnet wenig, das Gras wächst langsam. „Wir haben Glück, dass es in den vergangenen Tagen etwas geregnet hat, sonst würdest du nachher aussehen, als wärst du mit Mehl überzogen“, sagt mein Weinberg-Lehrer und lacht.
Nach ein paar Reihen lässt Ferber mich alleine fahren, ich bin mittlerweile sehr sicher und drücke das Gaspedal voll durch. „Sie fährt ja fast so schnell wie ich, da darf sie ruhig noch eine Weile arbeiten“, sagt er zu unserem Fotografen Alexander Becher, wie dieser später berichtet. Die beiden gucken mir zu, wie ich den Weinberg hoch- und runtersause. Einmal muss ich sogar – bei einer Halbreihe – ein Stück rückwärtsfahren, obwohl angekündigt war, dass das heute nicht auf dem Programm steht. Aber hey, kein Problem für mich.
Dann habe ich fast 35 Ar auf dem flachen Übungsstück gemäht. In meinem Elan bekomme ich allerdings nicht mit, dass Ferber am Ende einer der Reihen möchte, dass ich anhalte, das Mähwerk einfahre und die Blumen stehen lasse, die dort wachsen. Klappt irgendwie nicht, der Gehörschutz erschwert die Kommunikation – und zack, ab sind die Blümchen. „Ach herrje, die waren für die Bienen“, ruft Ferber, Fotograf Alex will sich vor Lachen ausschütten, ich bin etwas bedröppelt. „Oh nein, tut mir leid“, brülle ich gegen den Lärm an. „Nicht so schlimm“, ruft Ferber zurück, „versuch halt, beim nächsten Mal rechtzeitig anzuhalten.“ Gesagt, getan. In der nächsten Reihe hab ich den vollen Durchblick, die Blümchen leben. Ich bin erleichtert.
21.30 Uhr: Die Sonnenbrille bleibt auf
Wir ziehen um, ab in „meinen“ Weinberg. Gut, dass ich das Mähen jetzt schon richtig drauf habe, denn der hat sage und schreibe 35 Prozent Steigung! Und dieses Mal muss ich zuerst von oben nach unten. Oh oh . . . Zudem ist es jetzt schon 21.30 Uhr und es wird langsam dunkel. Aber die Sonnenbrille bleibt auf. Jetzt kommt auch die Differenzialsperre zum Einsatz. Sie sorgt dafür, dass sich der Allradantrieb einschaltet, die Räder alle greifen und auch alle auf die Bremse reagieren. Dadurch hat der Mäher mehr Grip. Und Grip ist gut, ich möchte schon gern unversehrt unten ankommen, weder mit gebrochenen Beinen noch abgetrennten Gliedmaßen, weil der Mäher umkippt oder so. Also drücke ich mit dem linken Bein auf den kleinen Knopf, als würde mein Leben davon abhängen. Bloß nicht abrutschen. Unten angekommen sind meine Zehen fast taub, aber hurra, geschafft. „Herzklopfen gehabt, oder?“, fragt Ferber. Ich nicke. „Versteh ich. Wenn ich mein Stück mit 48 Prozent Gefälle fahre, vor allem wenn es nass ist, dann geht mir das auch manchmal so.“
Wir sind fertig für heute. Zu Hause angekommen merke ich, dass ich von einer feinen Staubschicht überzogen bin und muss schmunzeln. Und duschen.
Ein beinahe gebrochenes Weinbergherz
Ein Jahr im Weinberg (7): Mengenreduzierung, Entblättern der Traubenzone und der Schutz vor Insekten stehen an
Redakteurin Silke Latzel liebt Dinge, die wachsen – natürlich auch die Trauben in ihrem Weinberg. Deshalb fällt es ihr sehr schwer, zur Qualitätssteigerung bereits reife Beeren einfach abzuschneiden. Danach steht noch der Schutz vor Wespe, Schmeißfliege und Co. an: Mit Netzen werden die Weinstöcke abgehängt. Ganz schön anstrengend.
Von Silke Latzel
ASPACH. Kennen Sie „Der Herr der Ringe“ von J. R. R. Tolkien? Bestimmt. Und bestimmt kennen Sie auch das äußerst sympathische Volk der Hobbits, die in diesem Klassiker der Literatur wie folgt beschrieben werden: „Was uns wirklich am Herzen liegt, ist Frieden und Stille und ein gut bestellter Boden. Denn nichts lieben Hobbits mehr als Dinge, die wachsen.“ In dieser Hinsicht bin ich wie ein Hobbit. Jedes Frühjahr verwandelt sich unser Wohnzimmer in eine Zuchtanlage für Gemüsesetzlinge, die ich liebevoll hege und pflege, bis es endlich so weit ist, die kleinen Tomaten-, Zucchini-, Paprika- und Auberginenpflänzchen in den Garten zu setzen. Und jedes Mal bin ich fasziniert von der Kraft der Natur, freue ich mich über jeden Zentimeter, den meine Pflanzen wachsen. Highlight des Jahres ist dann natürlich, wenn meine Arbeit Früchte trägt – im wahrsten Sinne des Wortes. Freunde und Familie werden dann immer mit Fotos überflutet: „Guck mal, die Tomate blüht. Guck mal, da kommt eine Zucchini. Guck mal, wie groß die Aubergine schon ist . . .“
Weniger Trauben bedeuten höhere Qualität
Wieso ich so weit aushole und über Tomaten, Hobbits und andere Dinge philosophiere, wenn es in diesem Text eigentlich um mein Jahr im Weinberg geht? Ganz einfach: Ich möchte mit dieser privaten Hintergrundinfo klarmachen, wie nah Freude und Herzschmerz bei meinem aktuellen Arbeitseinsatz zusammenfallen und wie schwer ich mich dieses Mal mit den Dingen tue, die ich machen muss.
Da sind auf der einen Seite die Trauben. Wow! Was für ein Anblick. Sie sind da, sie sind groß und sie haben bereits eine wunderschöne Farbe. Das heißt für mich: Auch wenn mein Einfluss auf die Natur ziemlich gering ist, habe ich in den vergangenen acht Monaten doch nicht allzu viel falsch gemacht, es läuft wie geplant und ich bin schon ein bisschen stolz. Und jetzt soll ich einfach eine Schere in die Hand nehmen und die Trauben abschneiden. Nicht um sie weiterzuverarbeiten, sondern um sie auf den Boden fallen zu lassen. Mir ist schon klar, wieso das sein muss. Wie schon mein ganzes Jahr im Weinberg geht es bei der Reduzierung der Trauben am Ende um Qualität. Zu viele Trauben nehmen dem Rebstock die Kraft. Weniger Trauben bedeuten höhere Qualität. Ich weiß das mittlerweile. Und Günther Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach und mein Lehrer im Weinberg, erklärt es mir auch noch einmal. Aber trotzdem bricht mir fast das Herz, als ich die Schere ansetze.
Meine Sorte Regent ist eine frühe Sorte. Während eine Reihe weiter der Schwarzriesling noch ganz grün ist, haben die Regent-Beeren zum größten Teil schon eine wunderschöne Farbe angenommen. Und das Weinjahr lief bislang ausgezeichnet, das Wetter hat gut mitgemacht und die Weinstöcke hängen voll mit Trauben. Und die, die es bis jetzt noch nicht geschafft haben, Farbe zu gewinnen, müssen jetzt runter. Zack, einfach so – ein kurzer Schnitt und die Beeren liegen am Boden.
„Das ist ein ganz schmaler Grat und es ist auch oft schwer, den Menschen zu vermitteln, wieso wir das machen“, so Ferber. Früher habe man keine Reduzierung betrieben, alle Trauben wurden zu Wein – Abstriche gab es damals also nicht bei der Menge, sondern am Ende bei der Qualität des Weins und beim Geschmack. Das soll meinem Wein nicht passieren. Und trotzdem: Es ist nicht einfach für mich, die zu Hause jede noch so kleine und kümmerliche Tomate pflegt.
Ferber und ich arbeiten uns durch den Regent und schneiden die Trauben ab, die noch grün sind, dünnen aus, wo zu viele reife hängen. Auf meiner Seite der Reihe liegen weniger Trauben am Boden als auf seiner – ich bringe es einfach nicht so leicht übers Herz wie der Profi, der das schon sein ganzes Leben lang macht und sich irgendwie dran gewöhnt hat.
Gleichzeitig entfernen wir an den Reben auf Höhe der Trauben und etwas darüber hinaus alle Blätter – und da hole ich zumindest etwas auf, lasse kein bisschen Blattwerk stehen. Auch das natürlich nicht aus Jux und Tollerei, sondern als Vorbereitung für den dritten Arbeitsschritt, der heute ansteht: Wir müssen die Trauben vor dem Appetit der Wespen und Schmeißfliegen schützen. Klar, wer kann der Süße dieser leckeren Beeren schon widerstehen? Ich kann nachvollziehen, wieso die Insekten sich an ihnen gütlich tun. Doch für meinen zukünftigen Wein ist das natürlich gar nicht gut. Wespe und Fliege verbeißen sich richtiggehend in den Trauben, schädigen die Früchte mit ihren scharfen Beißwerkzeugen oder fressen ganze Reben kahl. Und da die Sorte Regent eben früher reif ist als andere Sorten, stürzen sich die Tierchen natürlich auf meine Trauben. Besonders am Anfang und Ende der Reihe sieht es wild aus, an den Stöcken summt und brummt es regelrecht. Fotograf Tobias Sellmaier hat keine Schwierigkeiten, eine Wespe in Aktion zu finden – ganz im Gegenteil, er hat die Qual der Wahl.
Die Blätter entfernen wir, damit das Netz sie später nicht auf die Trauben drückt und diese somit verdeckt. So würden sie keine Sonne mehr bekommen und der Stock wäre gleichzeitig anfälliger für Pilzkrankheiten, weil die Blätter bei Regen nicht mehr so schnell trocknen könnten. Außerdem: Das Entblättern der Traubenzone ist eine gute Prophylaxe gegen die Kirschessigfliege, denn sie sitzt nicht gerne in der prallen Sonne.
Familie Ferber steht uns helfend zur Seite
Das Netz anzubringen, ist nicht einfach – und eine Arbeit, die zeitlich zu zweit kaum zu schaffen ist. Aber Hilfe ist bereits unterwegs. Während Ferber und ich uns den Weinberg nach oben arbeiten und immer noch die Menge der Trauben reduzieren und die Blätter entfernen, treffen die Helfer ein: Ferbers Frau Silke, seine Söhne Daniel und Luca sowie Angelo, ein Freund der beiden. Aus den Augenwinkeln beobachte ich, was sie in den Nachbarreihen machen und was mir gleich bevorsteht. Die Ferbers sind Weinprofis, die Söhne wie auch meine Namensvetterin Silke kennen die Handgriffe aus dem Effeff – stehen sie Günther jedes Jahr helfend zur Seite.
Nach fast einer Stunde ist mein Regent vorbereitet – das Netz kann drauf. Zuerst darf ich den leichten Part übernehmen. Ferber trägt das aufgerollte Netz, läuft an Weinberg hinunter. Ich folge ihm, befestige alle paar Meter das Nylon an den Pfosten zwischen den Stöcken. So weit, so einfach, ich muss nichts weiter machen als einhaken. Unten tauschen wir. Sofort merke ich, dass meine Arme um ein paar Zentimeter zu kurz sind, ich kann die Rolle kaum halten – geschweige denn meine Hände in die beiden Öffnungen links und rechts stecken. Aber nur so wickelt das Netz sich beim Gehen automatisch ab. Ich versuche, mit den Händen zu helfen und zu drehen. Günther lacht. „Das machst du nicht lang, dann hast du eine Sehnenscheidenentzündung“, sagt er. Es muss also anders gehen – und irgendwie klappt es auch mit Ach und Krach. Die Rolle ist schwer. Und das, obwohl sie gar nicht mehr vollständig ist, Günther ja vorhin schon den schwersten Part übernommen hat und mit 30 Kilo Netz gestartet ist. Ich bin froh, als wir fertig sind – und noch mehr, dass wir Hilfe hatten.
Der letzte Arbeitsschritt für heute ist einfach, vom zeitlichen Aufwand allerdings nicht zu unterschätzen. Alle paar Meter wird das Netz im unteren Bereich mit einer Klammer verschlossen – umklappen, klammern, fertig. Übrigens ist es so engmaschig, dass sich keine Vögel darin verheddern können. Und auch gegen die Wespen ist es kein 100-prozentiger Schutz, „aber sie kommen eben nicht mehr so einfach an die Trauben ran“, erklärt Ferber mir.
Der Arbeit süße Früchte
Ein Jahr im Weinberg (8): Redakteurin Silke Latzel darf endlich ihre Trauben lesen – und hat dabei viel Spaß
Seit Januar kümmert sich Redakteurin Silke Latzel schon um ihren Weinberg, jetzt steht der Höhepunkt der Saison an: Die Lese. Und obwohl es zu Beginn noch ziemlich kalt und die Arbeit anstrengend ist, wird der Tag für sie ein unvergessliches Ereignis, das ihr viel Spaß bereitet. Und das trotz eines kleinen, blutigen Zwischenfalls.
Von Silke Latzel
ASPACH. „Weil es so viel Arbeit ist, sind manche Leute der Ansicht, dass die Lese etwas ganz Schreckliches für uns Wengerter ist“, sagt Günther Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach, zu mir. „Aber das stimmt nicht. Es ist die schönste Zeit im Jahr.“ Ich verstehe sofort, was mein Weinberglehrer meint. Zwar ist es erst 8.30 Uhr – für normale Arbeitnehmer schon ziemlich spät, für eine Tageszeitungsredakteurin aber durchaus „früh“ – und es sind auch nur knapp sieben Grad Celsius. Aber: Heute wird gelesen. Endlich! Endlich darf ich die Rebschere auspacken und meine Trauben ernten, für die ich seit Januar regelmäßig in den Weinberg gekommen bin und die ich mit großer Sorgfalt gepflegt habe.
Lese von Hand ist aufwendig, bringt aber einige Vorteile
Klar, Mutter Natur hat natürlich die meiste Arbeit gemacht und ich hab ihr nur ein bisschen geholfen. Aber die Tatsache, dass alles so geklappt hat, wie es vorgesehen war, und dass ich die wunderschönen, saftigen Beeren jetzt abschneiden darf, freut mich wirklich sehr. „Esst ruhig auch fleißig“, ruft Günther mir und den anderen Helfern lachend zu. Insgesamt sind wir an diesem Freitagmorgen zu zehnt. Neben Günthers Familie – drei Generationen! – und meinem Mann haben sich noch Gäste des Sonnenhofs zu uns gesellt. Und die vielen helfenden Hände sind auch nötig. Denn eigentlich wollten wir nur Regent lesen – und zwar Günthers kompletten, nicht nur meine eine Reihe, na klar. Logistisch wäre das ja auch sonst unsinnig. Der Wetterbericht hat uns aber einen Strich durch die Rechnung gemacht – für die kommenden Tage ist Regen angesagt. Also muss der Schwarzriesling auch gleich mit runter. Und das, obwohl Günther ihn eigentlich gerne noch länger hätte hängen lassen wollen. „Das Problem ist einfach, dass die Trauben, wenn es mal länger als ein paar Stunden regnet, nicht mehr richtig trocken werden. Und wenn wir sie dann lesen und verarbeiten, dann ist der Saft verwässert.“
Arbeiten wir zu Beginn des Tages noch mit Jacke und Pulli, wird es uns allen ziemlich schnell ziemlich warm. Anstrengend ist das Herbsten – obwohl wir uns den Weinberg meistens nach unten arbeiten. Aber es ist ja nicht gerade eben und geht teilweise ganz schön in die Oberschenkel. Aber es macht auch unglaublich viel Spaß. Eimer um Eimer füllen wir, während Günther und sein Sohn Daniel oft zwischen den Reihen hin und her springen und unsere vollen Eimer gegen leere austauschen, die geernteten Trauben zu einem kleinen Traktor bringen, der immer in unserer Nähe steht. Dort geht es für die Trauben in einen größeren Behälter. Ist dieser voll, wird er nach unten gefahren, dort wartet schon der große Traktor mit Anhänger, auf den die Trauben geladen und dann am Ende des Tages zur Kelter gefahren werden.
Die Lese von Hand ist aufwendig, keine Frage. Doch Günther erklärt die Vorteile: „Die ganzen Insekten, die auf den Trauben sitzen – Marienkäfer, Ohrenkneifer und Ähnliches – und die quasi von uns mitgeerntet werden, haben viel Zeit, einfach wieder aus den Eimern oder aus den großen Zubern zu klettern und zu fliegen. Das ist bei der maschinellen Lese nicht möglich.“ Ein weiterer Vorteil: Wir schauen alle Trauben, die wir ernten, an, bevor wir sie abschneiden. Noch unreife lassen wir hängen, kaputte ebenfalls. Doch die Beeren in meinem Weinberg sind einwandfrei. In den Regent-Reihen schneiden wir direkt alle ab. Sie sind reif und, bis auf ein paar, die von Insekten angefressen sind, in tadellosem Zustand. Beim Schwarzriesling müssen wir ein bisschen genauer schauen, manche dürfen noch etwas hängen bleiben. Allerdings betrifft das nur die wenigsten.
„Jetzt arbeiten wir schon zwei Stunden und noch keiner hat sich verletzt, das ist echt klasse“, sagt Günther und lacht. Und er hat recht: Vor allem, wenn man zu zweit in einer Reihe arbeitet und sich gegenübersteht, muss man schon ziemlich aufpassen, dass man sich nicht gegenseitig mit der Rebschere erwischt. Doch das passiert nicht. Dafür bringe ich das Kunststück fertig, mir selbst in den Ringfinger der linken Hand zu schneiden. Und die Schere ist scharf. Sehr scharf. Es dauert nur Sekunden und das Blut rinnt mir übers Handgelenk, tropft auf die Hose und die Schuhe. Doch ich werde fachmännisch verarztet, das Pflaster hält einwandfrei und Schmerzen habe ich auch keine – weiter geht es also. „Jetzt gehörst du wirklich dazu“, sagt Günther tröstend, „jeder von uns hat sich schon mal so geschnitten.“
Arbeit an der frischen Luft macht hungrig
Technisch wird es an diesem Tag natürlich auch etwas und ich darf zeigen, was ich im vergangenen Jahr gelernt habe, als ich Günther das erste Mal bei der Lese besucht habe – damals allerdings nur als Berichterstatterin. Er drückt mir das Refraktometer in die Hand, ich halte es gegen den Himmel und versuche, etwas anderes zu erkennen als meine Wimpern, die mir im Weg sind. Ein bisschen hin- und herruckeln und es klappt. Ich messe: 104 Grad Oechsle der Regent, 108 der Schwarzriesling. Hervorragend, fast sogar schon grenzwertig. „Das ist ein ganz schmaler Grat zwischen Aroma und Alkoholgehalt“, erklärt Günther. „Je süßer die Beeren, desto mehr Alkohol hat später der Wein. Und Wein mit 14 Prozent Alkohol, das möchte eigentlich keiner.“
Die Zeit vergeht wie im Flug. Und plötzlich heißt es: „Mittagspause“. Trifft sich gut, wir sind sowieso fast fertig. Familie Ferber ist bestens ausgerüstet, die Biertischgarnitur wird schnell aufgebaut, Günthers Frau Silke und seine Mutter Beate decken den Tisch. Wie hungrig die Arbeit an der frischen Luft mich gemacht hat, hatte ich bis dahin gar nicht realisiert. Aber Brot, Kuchen und Neuer Wein schmecken gleich doppelt so gut.
Eine Tonne Trauben in fünf Minuten

Ein Jahr im Weinberg (9): Redakteurin Silke Latzel hilft bei der Anlieferung in der Kelter mit – und hat danach Rückenschmerzen

Wennschon, dennschon: Für Redakteurin Silke Latzel endet die Lese 2019 nicht im Weinberg, sondern in der Kelter. Dort hilft sie dabei, die Trauben vom Traktor in die Abbeermaschine zu bringen, wo sie zu Maische verarbeitet werden. Eine durchaus klebrige Angelegenheit, die zuerst in die Arme und dann in den Rücken geht.

Von Silke Latzel

ASPACH. Wow, ganz schön schwer: Ich habe Mühe, das Saugrohr zu halten. Und das obwohl ich schon beide Hände benutze. Günther Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach, muss mir zur Hilfe kommen. Wir stehen auf einem seiner Anhänger, quasi inmitten von Trauben, überall brummen und summen die Bienen und Wespen, die die Gelegenheit nutzen und sich noch ein letztes Mal an den süßen Früchten stärken. Denn: Es ist der letzte Tage der Lese 2019. Aus logistischen Gründen haben wir meinen Arbeitseinsatz in der Kelter in Allmersbach am Weinberg verschoben, ich habe nicht direkt nach der Lese meine Trauben auf ihrem „letzten Weg“ begleitet, sondern helfe Ferber mit seinen Trollinger-Trauben.
Ist der Zuber noch voll mit Trauben, müssen wir den Sauger weit oben halten – und das geht mit der Zeit tierisch in die Arme. Je leerer der Zuber wird, desto einfach wird es für die Arme – und desto mehr geht alles in den unteren Rücken. Der Sauger sucht sich den Weg durch die Trauben zwar fast von allein, aber er muss dabei immer wieder vor- und zurückbewegt werden, damit er nicht verstopft – ziemlich anstrengend ist das.

Traubensaft auf der Kleidung, den Armen und den Schuhen

Die Kelter in Allmersbach ist die vorerst letzte Station für die Aspacher Trauben in der Heimat. Von hier geht ihre Reise weiter – allerdings nicht in die Ferne sondern zu zwei Kellereien in der Umgebung. Dort wird aus den Trauben Wein gemacht. Bevor es aber so weit ist, passiert natürlich auch in der Kelter einiges. Im ersten Schritt werden die Trauben angeliefert. Für die verschiedenen Sorten gibt es verschiedene Termine – klar, die Trauben sollen ja nicht wild gemischt werden. Ist geklärt, welcher Wengerter mit seinen Trauben in der Annahme steht, und sind die Daten in den Computer übertragen, werden die Früchte abgesaugt. Fünf Tonnen Trauben hat Ferber auf seinen Anhängern. Und ich bin ziemlich froh, dass er seinen Sohn Luca dabei hat, der offensichtlich großen Spaß an der Arbeit hat. Hab ich zwar auch, aber ich bin auch gar nicht traurig, als ich den Sauger wieder in Ferber’sche Hände abgeben kann. Mein Rücken tut mir etwas weh. Und ich klebe quasi von oben bis unten – der Traubensaft hinterlässt deutliche Spuren an Händen, Unterarmen, Oberteil, Hose und Schuhen.
Sind die Zuber leer, ist für den Wengerter die Arbeit erst einmal getan, die Zuber werden direkt mit Wasser ausgespritzt und sind damit quasi schon startklar für die Lese im kommenden Jahr. Die Trauben indes werden in der Kelter weiterverarbeitet. Sie kommen in eine Turbine, die Unterdruck erzeugt. Die Schwerkraft in der „Abbeermaschine“ trennt so die Trauben von den Kämmen, also den Stielen. Die Stiele werden gesammelt und per Schubkarre als Dünger in den nächsten Acker gefahren.
Die Beeren werden angequetscht und kommen in einen Bottich, der auf einer Waage steht. 1000 Kilogramm fasst der Behälter, danach ist erst einmal Pause. Auch deshalb dauert es etwas, bis wir unsere Zuber auf dem Anhänger geleert haben. Die 1000 Kilogramm Trauben sind in etwa fünf Minuten eingesaugt, dann leuchtet eine rote Lampe und für uns heißt es erst einmal: Rücken strecken und kurz durchatmen bevor es mit der nächsten Tonne weitergeht.

Mein Jahr im Weinberg ist jetzt fast vorbei

Ist der Bottich in der Kelter voll, wird die Maische – so werden die angequetschten Beeren genannt – abgelassen. Rosé- oder Weißwein wird direkt in der Kelter weiterverarbeitet und gepresst; bei Rotwein, wie er etwa aus den Trollinger-Trauben heute gemacht wird, kommt die Maische, wie sie ist, mit einem großen Tanklaster in die Kellerei. „Wichtig ist natürlich auch immer die Qualitätssicherung“, erklärt Ferber mir. Deshalb wird aus jedem Zuber, der geleert wird, eine Probe der Maische abgelassen und beispielsweise die Grad Oechsle gemessen. Außerdem dürfen zum Beispiel „essigstichige und mehltaubefallene Trauben“ gar nicht erst abgegeben werden, so eine Vorschrift.
Am Ende des Tages wird die Kelter gereinigt und winterfest gemacht. Mit den anderen Wengertern, die an diesem letzten Tag noch ihre Trauben abgeliefert haben, sitzen Ferber und ich zusammen in der Kelterstube und trinken ein Glas Wasser und einen Schluck Wein. Wir sind fertig. Für heute und eigentlich auch für diese Saison – „mein“ Jahr im Weinberg ist nun fast vorbei, die Trauben fortgebracht, und es gibt für mich nur noch eine kleine Abschlussarbeit im Wengert zu erledigen. Bis dahin dauert es aber noch ein bisschen – und meinem Rücken geht es dann sicherlich auch wieder besser.


Sieht einfacher aus, als es ist: Silke Latzel ist froh, dass Günther Ferber ihr beim Absaugen der Trauben hilft. Das Saugrohr ist ziemlich schwer, mit der Zeit werden die Arme müde und der Rücken beginnt wehzutun. Fotos: T. Sellmaier
„Qualität hat nichts mit dem Preis zu tun“

Ein Jahr im Weinberg (10): Silke Latzel und Günther Ferber lassen ihr gemeinsames Projekt Revue passieren

Die Lese ist vorbei, der Winter steht schon fast vor der Tür. Und eigentlich ist das Jahr im Weinberg für Redakteurin Silke Latzel somit vorbei. Natürlich, der Besuch in der Kellerei steht noch an, sie möchte ja wissen, was dort genau mit „ihren“ Trauben passiert. Und dann gibt es ja auch noch den Wein selbst, der im Frühjahr verkostet werden möchte . . . Doch bis dahin dauert es noch etwas. Zeit genug für ein Gespräch über Erfahrungen, Arbeit und natürlich Wein.

Von Silke Latzel

Günther, jetzt ist unser gemeinsames Jahr im Weinberg fast vorbei. Hat dir unser Projekt denn Spaß gemacht oder hast du manchmal gedacht: „Och nö, jetzt würde ich lieber allein arbeiten, dann bin ich schneller fertig?“
Nein, gar nicht. So was hab ich nie gedacht, von Anfang an nicht. Ich hab mich richtig gefreut, dass ich so eine nette Kollegin gekriegt hab.
Das wusstest du ja vorher nicht . . .
Stimmt. Ich hab dich da ja erst kennengelernt. Aber von Anfang an, wie du da eingestiegen bist, beim Biegen und Schneiden, da hab ich gleich gemerkt, dass du keine linken Hände hast. Einmal alles erklärt und dann hast du es gleich kapiert und richtig wiedergegeben. Ich hab das keinen Tag bereut. Wir haben das zeitlich ja auch immer so hingekriegt, dass es bei uns beiden passt. Und auch das, was du über unsere Arbeitseinsätze geschrieben hast, da war nichts geschönt oder verdreht.
In der Redaktion waren sie immer ganz neidisch, wenn ich gesagt hab: „Tschö, ich geh jetzt wieder in meinen Weinberg . . .“
Meine Kollegen haben mich immer auf den Arm genommen und gesagt: Gehst du überhaupt noch nach Hause zu deiner Frau oder bleibst du im Weinberg? War echt toll, hat mir riesigen Spaß gemacht (lacht). Und dir auch, oder? Das war zumindest mein Eindruck.
Ja, auf jeden Fall. Was ich halt total gut fand: Wir sind rausgegangen, haben gearbeitet und dann am Ende ganz konkret gesehen, was wir gemacht haben.
Genau. Wenn man im Weinberg schafft, sieht man die erbrachte Leistung, das ist bei vielen anderen Dingen nicht so.
Und was ich auch ziemlich genossen hab: Das Arbeiten draußen, egal welches Wetter es war. Wir hatten natürlich Glück und es hat nie geregnet. Nur einmal, als du nicht dabei warst, war es ein bisschen nass. Aber im Prinzip war es immer schön. Oh halt, nein, dieses eine Mal, da war es echt bitterkalt . . .
Beim Biegen im Februar, ja.
Da dachte ich echt, mir fallen die Finger ab, weil wir ohne Handschuhe gearbeitet haben.
Dabei hatte es gar keine Minusgrade. Es war halt nur so feuchtkalt. Ich geh sonst auch schneiden, wenn es Minusgrade hat, aber dann bewege ich mich halt viel. Was mir richtig gut gefallen hat, war, als wir zusammen Traktor gefahren sind und du Angst bekommen hast, wegen dem Buckel (lacht). Dabei waren wir noch nicht einmal in meinem steilsten Weinberg, den hast du ja im ganzen Jahr nicht ein einziges Mal gesehen.
Stimmt nicht, dein Sohn hat mich da zu Fuß hochgetrieben, als wir die Pheromonfallen aufgehängt haben.
Richtig. Da sind es 48 Prozent Steigung. Ja, ich weiß. Aber die 35 Prozent in meinem Weinberg, das war für mich auch schon okay.
Aber selbst da wäre nicht jede auf den Traktor gesessen und einfach allein runtergefahren, da wette ich mit dir.
Ich wusste ja aber, dass du da bist. Allein deine Anwesenheit hat mir Sicherheit gegeben.
Eingreifen hätte ich aber auch nicht mehr können (lacht). Das Ganze war halt immer eine Vertrauenssache, ich lass dich da ja nicht draufsitzen und dann passiert irgendwas.
Wir haben teilweise schon ganz schön lang gearbeitet, bei der Lese zum Beispiel.
Ja, aber auch, als wir die Traubenzone entlaubt haben. Da haben wir für eine Reihe über eine Stunde gebraucht. Und da hast du mich sogar abgehängt und warst schneller.
Worüber ich auch echt froh bin, ist, dass ich mich nicht verletzt hab, außer bei diesem einen Mal beim Herbsten.
Gut, aber das war dann auch die größte Verletzung von allen. Kein anderer hat sich in diesem Jahr so verletzt. Geschnitten haben sich ein oder zwei, aber nicht wie du. Die Freundin meines Sohnes, die dich verarztet hat, sagte, das hätte man fast tackern müssen.
Oh krass, so hatte ich das gar nicht empfunden . . . Aber noch was ganz anderes:
Es gibt ein paar andere Sachen, die ich nicht gemacht hab und die du allein übernommen hast. Kannst du kurz sagen, was das war?
Das war etwa der Pflanzenschutz.
Was spritzt ihr da?
Das ist vorbeugender Pflanzenschutz mit Kontaktmitteln und Schwefel. Systemische Spritzungen werden nur in Ausnahmefällen bei extremen Witterungsverhältnissen eingesetzt.
Wir reden also von Fungiziden. Oder auch von Insektiziden?
Insektizide benutzen wir keine mehr, da setzen wir seit Jahren schon auf die Verwirrmethode mit den Pheromonfallen. Nur noch Fungizide gegen Pilzkrankheiten. Und Herbizide sehr reduziert, da stellen wir gerade um. Die Unkrautbekämpfung wird vermehrt mechanisch gemacht. Nur noch in den Steillagen hat man die Herbizidbehandlung, wegen der Bodenerosion.
Was ich auch nicht gemacht hab, war etwas, das du immer „Haareschneiden“ genannt hast. Kannst du das noch mal erklären?
Ich hab das jetzt Haareschneiden genannt, der Fachausdruck ist allerdings „die Reben gipfeln“. Das wird mit einem Laubschneider gemacht. Da sind Rotoren dran, die die Reben etwas anziehen und oben abschneiden. Da darf man nicht zu lang warten, denn wenn die Ruten oben zu lang werden, brechen sie ab, hängen runter und die Maschine kommt nicht mehr ran. Das geht heutzutage einfach rein maschinell und ist allgemein keine schwere Arbeit.
Kann man beziffern, wie groß der zeitliche Unterschied ist, wenn man Weinbau vollmaschinell betreibt oder wie ihr hier in Aspach – also quasi fast komplett von Hand?
Das ist ein riesiger Unterschied. Wir sind hier sowieso überdurchschnittlich viel im Weinberg. Aber das kommt auch durch die kleinen Parzellen, die wir haben. Da arbeitet man einfach genauer. Wie daheim: Wenn ich einen kleinen Garten habe, dann kann ich mehr Zeit in die Pflege investieren als bei einem großen. Ich schätze mal, dass wir hier mindestens 700 bis 900 Arbeitsstunden für jeden Hektar im Weinberg verbringen. In den großen Betrieben, in denen fast alles maschinell gemacht wird, reichen etwa 200 Stunden. Es gibt aber auch welche, etwa in Übersee, da wird gar nichts mehr von Hand gemacht. In der Summe sind das dann zwischen 70 und 100 Arbeitsstunden für die Menschen, die die Maschinen bedienen.
Und das ist der Grund, wieso ihr eine Flasche Wein nicht für 2,50 Euro verkaufen könnt?
Ja. Unser Ziel ist es, dass jeder Winzer in der Genossenschaft mindestens einen Euro für jedes abgelieferte Kilo Trauben bekommt. Die Mühe, die man das ganze Jahr über hat, soll ja belohnt werden.
Ein guter Wein fängt also preislich wo an?
Die Qualität hat mit dem Preis nichts zu tun. Das werden jetzt manche Leute nicht gerne lesen, aber eine gute Flasche Wein, die so erzeugt wird wie bei uns, sollte zwischen 5 und 17 Euro kosten. Wenn die Flasche Wein über 20 Euro kostet, zahlt man einfach für einen bestimmten Namen oder eine besondere Lage. Wenn wir davon leben müssten, würde bei uns die Flasche Wein 12 Euro kosten. Denn wenn man die Arbeit nicht richtig bezahlt, dann will sie am Ende keiner machen.
Was ganz anderes: Du hast gesagt, wir gehen noch in die Kellerei . . .
Ende Januar, ja. Dann schauen wir uns die Kellerei an, die Abfüllanlage, mit allem Drum und Dran – von der Traube, die ankommt, bis zur fertigen Flasche im Karton. Dann sind die Weine so weit fertig, dass wir sie verkosten und bei manchen Sorten sagen können, welche Ausbauweise wir bevorzugen, also ob sie trocken, halbtrocken oder lieblich schmecken sollen.
Was ist denn, wenn jetzt jemand meine ganzen Berichte gelesen hat und sagt: „Mensch, auf so was hab ich auch Lust.“ Kann derjenige sich einfach mal bei euch melden?
Klar. Wir haben schon Anfragen von Leuten, die auch mal ein Jahr im Weinberg arbeiten möchten, weil sie sehen möchten, was bis zum fertigen Wein alles passiert. Auch da übernehmen wir den Pflanzenschutz und die Laubarbeiten mit der Maschine. Aber schneiden, biegen, lesen . . . Das alles darf man schon selbst machen.
Ich glaub – und das wird auch bei mir so sein, wenn ich meinen Wein bald in der Flasche vor mir stehen habe –, dass das eine ganz andere Art von Wertschätzung ist . . .
Genau, da sieht man dann nämlich, wie viel Arbeit da wirklich drinsteckt.
Günther Ferber und Silke Latzel haben beim Gespräch über das Jahr im Weinberg genauso viel Spaß wie bei der Arbeit selbst . Foto: A. Becher
Das allererste Schlückchen

Ein Jahr im Weinberg (11): Bei der Jungweinprobe in der Kellerei Wilhelm Kern geht es lustig zu – und lecker

Redakteurin Silke Latzel darf bei der Jungweinprobe den ersten Schluck „ihres“ Weines probieren. Sie lernt außerdem, was in der Kellerei alles passiert, bevor der fertige Wein in die Flasche kommt, und wozu und wie man das Weinglas richtig schwenkt.

Von Silke Latzel

ASPACH/KERNEN IM REMSTAL. Er schmeckt toll. Natürlich tut er das. Und doch schmeckt er mir noch viel besser als jeder andere Wein, den ich bislang getrunken habe: mein Regent. Vor fast genau einem Jahr bin ich – relativ unwissend – an einem schönen Januartag nach Kleinaspach in die Weinberge gefahren und habe meinen Stift dort gegen eine Rebschere getauscht. Und heute bin ich die Erste, die von Kellermeister Ulrich Kern „meinen“ Wein eingeschenkt bekommt, und ich bin die Erste, die einen Schluck probieren darf.
Es ist Jungweinprobe in der Kellerei Wilhelm Kern. Die Aspacher Weingärtner fahren immer zu Beginn des Jahres nach Kernen im Remstal, um ihre Weine zu verkosten und um zu sehen, ob sie sich auf einem geschmacklich guten Weg befinden. Da darf ich in diesem Jahr natürlich nicht fehlen, denn auch mein Wein befindet sich in der Kellerei im Remstal. Noch ist er nicht ganz fertig, er darf sich noch ein bisschen Zeit lassen, bevor er in die Flaschen gefüllt wird. Aber er schmeckt schon jetzt ausgezeichnet. Und natürlich noch viel besser, weil ich weiß, wie viel Arbeit ich gemeinsam mit Günther Ferber, Vorsitzender der Weingärtnergenossenschaft Aspach, in den edlen Tropfen in diesem Glas gesteckt habe. Ich bin ein bisschen gerührt und auch stolz, das gebe ich gern zu. Denn es ist für mich schon ein ganz besonderes Gefühl, einen Wein zu trinken, der nur deshalb jetzt eingeschenkt werden kann, weil ich selbst dafür gesorgt habe, dass es ihn gibt – statt einfach im Laden nach einer Flasche zu greifen.

26 Jungweine müssen heute verkostet werden

Die Jungweinprobe beginnt mit einer Kellerführung. Ulrich Kern zeigt uns, was mit unseren Trauben passiert, sobald sie bei ihm ankommen. Im Hof werden die gelesenen Trauben angeliefert. Aus Aspach kommen sie allerdings nicht „ganz“, sondern sind schon gepresst oder werden als Maische in Tankwagen nach Kernen gefahren und dort dann abgepumpt. Die Maische meiner beiden Weinsorten, Regent und Schwarzriesling, wird einige Zeit sich selbst überlassen, unter anderem, um Geschmacksstoffe, Phenole und weitere lösliche Substanzen aus den Beeren in den Saft abzugeben. Danach gibt es zwei Wege, erklärt Kern: Entweder wird Hefe zugesetzt, damit die Zellen der Beerenhaut sich auflösen, oder die Maische wird erhitzt, was denselben Effekt hat. So nimmt der Saft die Farbe der Traubenhaut auf.
Ist dieser Schritt erledigt und etwas Zeit verstrichen, wird gekeltert – also gepresst. Dann werden die Traubenrückstände und der Saft voneinander getrennt, der Saft wird vorgeklärt. „Das einfachste Verfahren hierbei ist das Absitzenlassen. Das dauert aber ziemlich lang“, so Kern. Eine Alternative sei die sogenannte Flotation. Dabei handelt es sich um ein physikalisch-chemisches Trennverfahren, bei dem man sich zunutze macht, dass Gasblasen sich leicht an durch Wasser schwer benetzbare Oberflächen anlagern. Sie verleihen den Partikeln Auftrieb, sodass sie schwimmen. Sie können dann an der Oberfläche abgesaugt werden und nicht wie bei der Absitzmethode unten im Tank.
Sind die Partikel entfernt, wird weitergeklärt: mit Gelatine, Erbsen- oder Kartoffelstärke. Das funktioniert vom Prinzip her genauso wie bei einer Brühe, die man sich daheim kocht und die am Ende klar sein soll: Das Eiweiß flockt aus und bindet die Trübstoffe. Anschließend findet die Hauptgärung statt. Sie dauert etwa 20 Tage. In dieser Zeit ist der Traubenmost immer zwischen 18 und 20 Grad warm, der im Most enthaltene Zucker wird zu Alkohol umgesetzt.
Etwa gegen Ende Dezember ist die Gärung in der Regel abgeschlossen. Die abgestorbenen Hefen sinken dann langsam zu Boden. Nun wird abgestochen, das heißt, der Wein wird abgelassen und umgefüllt, sodass am Boden des Gebindes nur noch die abgelagerte Hefe zurückbleibt. Der Jungwein ruht jetzt noch die nächsten drei bis sechs Monate in Stahltanks oder Holzfässern, je nachdem, wie er am Ende schmecken soll.
Wir haben viel Zeit an diesem Abend. Und viel vor. 26 Jungweine müssen verkostet werden. Ganz schön ambitioniert, finde ich. Auch wenn Kern natürlich nicht 26-mal ein randvolles Glas einschenkt. Die meisten der Anwesenden trinken ein oder zwei Schlucke, der Rest Wein, der sich noch im Glas befindet, wird in eine Karaffe in der Mitte des Tisches geleert. Es geht schließlich nicht darum, sich volllaufen zu lassen, sondern die verschiedenen Weine zu prüfen. Weiß, Rosé, Rot: So ist die Reihenfolge. Zwischen den verschiedenen Weinen gibt es Wasser und ein zünftiges Vesper.
Ich bekomme natürlich auch die Profihandgriffe gezeigt, etwa, wie man das Glas richtig schwenkt. Das übrigens macht man, um die Aromen besser riechen zu können. Nicht nur Geruch und Geschmack des Weines müssen stimmen. Auch das Aussehen wird geprüft. Ferber erklärt: „Der Wein muss immer klar sein, man muss durch ihn durchsehen können, sonst ist er nicht in Ordnung.“ Die Weine schmecken schon alle ziemlich gut, da sind die Anwesenden sich einig. Und auch hierbei: „Der Chardonnay ist noch etwas säuerlich, der braucht noch,“ sagen sie lachend. Aber er hat ja auch noch Zeit. Abgefüllt wird erst in ein paar Monaten.

Unterwegs mit der Waldfee

Der Weber stromert mal wieder mit der Schwäbischen WaldFee
…das Geheimnis der Feenperle
Endlich kommt der Weber hinter das Geheimnis der Feenperle! Ist das der funkelnde Klunker den die Schwäbische WaldFee um den Hals trägt? Oder die samtige Perle der bisher nie entdeckten Ebniseemuschel? Oder hat sich der Weber verhört und Sie meint eine stimmungsaufhellende Süßigkeit? Nein, die Feenperle wartet in einer gut verschlossenen Flasche unter Hochdruck darauf getrunken zu werden.
Der Feentrank entsteht nach exakt vorgegebenen Rezepturen. Die einen brauen ihn und die anderen ziehen sich mit einem Kellermeister in einen tiefen Keller zurück. Ein bisschen hiervon und ein bisschen davon. Das hierzu nötige Grundlagenwissen kann nur erhalten wer offenen Auges und Ohres durch die Welt geht.
Die Schwäbische WaldFee Leonie Treml spricht einem Schlick der feinperligen Feenperle prickelnde, euphorisierende , anregende, berauschende, ja gar aphrodisierende Kräfte zu. Die spezielle Wirkung der Feenperle entsteht nur, wenn alle Bestandteile in der vorgeschriebenen Art und Weise hinzugegeben werden und zusammenwirken. Dann spürt man das schaumig, cremige Gefühl auf der Zunge, dann schmeckt der Gaumen Zitrus- und Apfelfrucht und nur dann springt das goldene Elixier perlend aus der Flasche. Die Feenperle will raus, nur ein Draht umwundener Korken kann das blubbernde Getränk in der Flasche halten.
Die Schwäbische WaldFee und Joachim „Jeff“ Schöffler, der Geschäftsführer der Weingärtnergenossenschaft Aspach, kennen den Weg vom jungen Rebstöcklein zum Hochgenuss. Gemeinsam inspizieren sie mit dem Weber die Aspacher Weinberge, genauer den „Alter Berg“ in Allmersbach. Eingebettet zwischen Streuobstwiesen, Wäldern und goldenen Getreidefeldern bilden sie den westlichen Ausläufer des Schwäbischen Waldes. Hier lässt die Natur die Ingredienzien der Feenperle gedeihen.
Damit die Feenperle in gleichbleibend bester Qualität aus der Flasche kommt, muss man ein Menge tun. Mit drei Jahren beginnt ein junger, heranwachsender Rebstock Ertrag zu bringe. Dies tut er bis ins hohe Rebstockalter , dann ist er fünfunddreißig, vierzig Jahre alt. Jahr für Jahr beginnt im Januar und Februar der Rebschnitt. Im März und April werden die Fruchtruten nach unten gebunden. Dann sind die Wochen von Mai bis Ende Juli für die Entwicklung der Reben entscheidend. Anfang Juli werden die ungestümen Triebe geschnitten und die Begrünung in den Rebgassen gemulcht.
Rund ein Kilo Rieslingbeeren müssen für eine Flasche Feenperle reifen. Die Trauben sollen licht und luftig hängen, damit sie viel Sonne abbekommen und gut abtrocknen. Oberstes Gebot ist, dass die Traube gesund bleibt, keine Schädlinge, keine Krankheiten über die Rebe und die Frucht herfallen. Als Mehltauwächter stehen Rosen an jeder Zeile Wache. Nur die beste Qualität der Rieslingtrauben kann zur Feenperle werden.
Mitte September beginnt die Traubenlese, die schönste Zeit im Weinberg. Die Traube wird von Hand geschnitten, geprüft, sortiert und behutsam in einen Eimer gelegt, dann von einem starken Jüngling mit einer Butte auf dem Rücken in den großen Zuber auf dem Anhänger befördert. Oft warten geduldig kilometerlang aneinandergereiht die gefüllten Traktorgespanne bis sie in die Allmersbacher Kelter eingelassen werden. Dort wird aus der Traubenbeere der oechslereiche Saft gepresst, in dem sich der Zucker in Alkohol verwandelt, der dem edlen Grundwein den Geschmack verleiht und aus dem schließlich der Kellermeister geschickt mit den richtigen Hefen, den feenhaften Trunk gekonnt zaubern kann. Dieser gärt, wächst und reift wie ein Menschenkind mindestens neun Monate in der Flasche, wird liebevoll umsorgt, gedreht und sanft gerüttelt. All dem fügt die Schwäbische WaldFee noch etwas Feenstaub hinzu und so erwachen aus feinstem stillen Rieslingwein die sprudelnden kleinen Feenperlen, die im Glas tausendfach spiralförmig gen Himmel schäumen.
„Fehlt allerdings die nötige Sorgfalt, wird eine Zutat überdosiert oder haltet ihr die Feenperle länger als zwei Jahre unter Verschluss, so verändert sich Farbe, Geruch und Geschmack des Feentranks. Gelegentlich sprüht er auch Funken oder explodiert“, warnt die Schwäbische WaldFee.
In der Weingärtnergenossenschaft Aspach haben sich alle mit voller Begeisterung der Qualität verschrieben und sorgen dafür, dass die Feenperle unserer Schwäbischen WaldFee jedem, der von diesem Elixier etwas zu sich nimmt, beschwingte Fröhlichkeit und jubilierende Sektlaune spendet.
Beim Weber wirkt es und mit einem seeligen Lächeln macht er sich auf den Nachhauseweg!

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